Geschichte
140 Jahre Freiwillige Feuerwehr Gerbrunn
Ein Rückblick von 1870 bis 2010
Schon immer ist das Feuer ein lebensnotwendiges Gut gewesen, auf das die Gesellschaft auch heutzutage nicht verzichten kann. Zur Gefahr für Mensch und Tier wird es jedoch, wenn es außer Kontrolle gerät. Aus diesem Grund traf man Vorsorge gegen die oft verheerenden Folgen des Feuers. Dabei hat sich menschliche Hilfsbereitschaft nicht nur bei Feuersbrünsten, sondern auch bei Sturm- und Wasserkatastrophen über Generationen hinweg bis in unsere Zeit bewährt.
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts bestand das Löschmaterial aus Feuerleitern Feuerhaken und den in jedem Haus befindlichen Feuereimern. Diese Feuereimer mussten immer griffbereit im Hausflur hängen und wurden regelmäßig im Rahmen der Feuerbeschau kontrolliert. Außerdem war stets ein mit Wasser gefülltes Gefäß im Haus zu halten. Alle diese Maßnahmen lassen die Notwendigkeit des Selbstschutzes sehr deutlich erkennen. Im Jahre 1849 wurde die erste Freiwillige Feuerwehr in Bayern gegründet. Flächendeckend folgten viele Gemeinden diesem Beispiel. Im Jahre 1867 entstand dann zu Würzburg der „Fränkische Feuerwehrverband“, dem damals noch Ober- und Mittelfranken angehörten.
Am 01. Juli 1870 war es auch in Gerbrunn soweit. Bei der Gründungsversammlung der Freiwilligen Feuerwehr meldeten sich 61 Gerbrunner Bürger an, doch nicht jeder konnte diesem Verein beitreten. Ein unbescholtener Lebenswandel, ein Mindestalter von 18 Jahren sowie entsprechende körperliche Fähigkeiten waren Voraussetzung. Bereits am 09.Juli 1870 wurde die erste Vereinssatzung beschlossen. Als oberster Grundsatz wurde der Schutz und die Rettung von Leben und Eigentum der Gerbrunner Bürger und der Bewohner der Umgebung festgeschrieben. Die Ausstattung der Freiwilligen Feuerwehr mit den notwendigen Geräten sowie deren Reparatur war schon zu dieser Zeit Angelegenheit der Gemeinde.
Der neu gegründeten Wehr standen damals zwei Handspritzen, zwei Anstelleitern, Feuerhaken, Ledereimer, Helme und Ölfackeln zur Verfügung. Nach wenigen Jahren erweiterte sich die Ausrüstung um eine Saug- und Druckspritze. Das Löschwasser wurde mittels Eimerketten in den Pumpenbehälter gefüllt. Bereits im Jahre 1873 richtete die Freiwillige Feuerwehr Gerbrunn die Bitte auf „Herrichtung eines neuen Feuerwehrhauses“ an die Gemeindeverwaltung. Im Jahre 1883 wurde dem Erfordernis einer freistehenden Feuerleiter Rechnung getragen. Zusätzlich schaffte man einen zweirädrigen Wagen für die ältere Feuerspritze an. Um diese Geräte ordnungsgemäß unterzubringen; legte die Gemeinde 1885 fest, alle Löschgeräte aus der Schulscheune in die bisher verpachtete Gemeindescheuer zu verlagern.
Georg Heppel, der im Jahre 1882 das Amt des 1. Kommandanten übernom-men hatte, bemühte sich energisch, die Tätigkeit der Freiwilligen Feuerwehr Gerbrunn auf ihren eigentlichen Aufgabenbereich zu konzentrieren. Sein Einsatz und sein Engagement führten dazu, dass ihn der Bezirksfeuerwehrverband Würzburg im Jahre 1889 in den Bezirksfeuerwehrausschuss wählte. Später leitete er diesen Ausschuss sogar. Unter seiner Führung als Kommandant und Bezirksvertreter ging die Entwicklung der Freiwilligen Feuerwehr Gerbrunn beständig voran.
Nachdem die vorhandenen Feuerlöscheinrichtungen zu dieser Zeit in ihrem Gebrauch eingeschränkt waren, stand Löschwasser immer nur in begrenztem Umfang zur Verfügung. Georg Heppel, der im Jahre 1901 Bürgermeister von Gerbrunn wurde, wollte die Wasserversorgungsanlage ausbauen lassen. Angesichts der hohen Kosten zeigten sich jedoch erhebliche Widerstände innerhalb der Dorfgemeinschaft. Mit Unterstützung der Feuerwehr gelang es im Jahre 1908, eine regelmäßige Wasserversorgung in Betrieb zu nehmen. Für die Löschwasserversorgung standen nunmehr 21 Hydranten zur Verfügung. Seit dieser Zeit wird das Löschwasser mit Schläuchen zur Brandstelle befördert. Die politische Entwicklung sowie der Ausbruch des 1. Weltkrieges hemmten die weitere Entwicklung in der Vereinsgeschichte. Als zahlreiche Gerbrunner an die Front gingen, war die Freiwillige Feuerwehr teilweise nur noch drei Mann stark. Der 1. Weltkrieg hinterließ deutlich seine Spuren, denn sieben Feuerwehrmänner aus Gerbrunn starben.
Die allgemeine Notlage der Nachkriegszeit brachte es mit sich, dass die Wehrmänner die nötigen persönlichen Ausrüstungsgegenstände selbst anschaffen mussten. Als Ausrüstung diente weiterhin die alte Spritze und der Schlauchwagen, auf dem eine Haspel montiert sowie Standrohr, Hydrant und Schlüssel untergebracht waren. In den Folgejahren wurde aufgrund der allgemeinen Aufbruchstimmung und bedingt durch die notwendige technische Weiterentwicklung eine neue Motorspritze beschafft.
In der Zeit von 1939 bis 1945 erstreckte sich die Tätigkeit der Freiwilligen Feuerwehr meist auf Luftschutz-, Verdunklungs- und Streifendienst. Nach Ende des 2. Weltkrieges hoffte man auf die Rückkehr der Vermissten und Verschollenen. Langsam kehrte der Alltag ein und es gelang wieder, junge Leute für den Dienst in der Feuerwehr zu gewinnen. Man versuchte, die vorhandene Ausrüstung und das dürftige Schlauchmaterial neu Instand zu setzen. Nicht selten wurde die Feuerwehr der Stadt Würzburg zu Hilfe gerufen.
Anlässlich einer Brandkatastrophe in der Alten Gasse kaufte die Gemeinde 1949 eine Motorspritze mit einer Wasserförderleistung von 400 1/min und das erforderliche Schlauchmaterial. Die Pumpe war auf einem Anhänger montiert, der nicht mehr mit Pferden, sondern mit einem LKW zur Brandstelle gebracht wurde. Mehrere Großbrände – insbesondere auf dem Gutshof Gieshügel – zeigten jedoch immer wieder die Notwendigkeit einer noch stärkeren Pumpe. Erst im Jahre 1958 wurde diesem Erfordernis durch die Anschaffung einer Tragkraftspritze mit 800 1/min Rechnung getragen.
Die wirtschaftliche Entwicklung und die Jahre des finanziellen Aufschwungs ermöglichten es der Gemeinde Gerbrunn, im Jahre 1964 ein Grundstück für den Bau eines neuen Feuerwehrgerätehauses zu erwerben. Sie ließ eine Unterstellhalle für zwei Fahrzeuge, eine Schlauchwaschanlage mit Trockenturm sowie ein Schulungsraum in dem Wohn- und Geschäftshaus an der Hauptstraße errichten. Am 26. Juni 1965 erfolgte die feierliche Übergabe.
Weil Gerbrunn als Randgemeinde von Würzburg rapide wuchs, war die Einsatzfähigkeit der Wehr den künftigen Erfordernissen weiter anzupassen. Der Gemeinde gelang es, dass der Zivile Bevölkerungsschutz ein Löschfahrzeug (LF 16) in Gerbrunn stationierte, welches auch der Gerbrunner Wehr zur Verfügung stand. Das Fahrzeug war mit ausreichend Schlauchmaterial, zwei Pumpen, schwerem Atemschutz, tragbaren Leitern und sonstigem Rüstzeug versehen und ermöglichte eine wesentliche Verbesserung des abwehrenden Brandschutzes. Nachdem der Gerbrunner Wehr infolge ihrer personellen und technischen Möglichkeiten ein guter Ruf vorausging, bat sie der Landkreis Würzburg, auch die Bekämpfung von Ölschadensfällen für einen Teil des Landkreises zu übernehmen. Der Landkreis Würzburg beschaffte einen Ölschadensanhänger und stationierte ihn in Gerbrunn.
Da eine solide Ausbildung der Wehrmänner stets ein Anliegen der Feuerwehrführung ist, fühlten sich die Verantwortlichen verpflichtet, die Feuerwehrmänner für den neuen Aufgabenbereich zu schulen und weiterzubilden. Mit der fortschreitenden Technisierung änderte sich das Aufgabengebiet der Feuerwehren grundlegend. Neben der Brandbekämpfung sind die technischen Hilfeleistungen mittlerweile ein wesentlicher Bestandteil im Wirkungsfeld der Wehren.
Die bauliche Entwicklung von Gerbrunn, insbesondere die Errichtung von hohen Häusern, erforderte weiteres Gerät. Die Gemeinde musste eine fahrbare 18 m hohe Anhängeleiter erwerben, um dem Brandschutz und der Menschenrettung Rechnung zu tragen. Um die Belästigung der Bürger durch die Sirenenalarmierung vor allem während der Nachtzeit gering zu halten, erhielt Gerbrunn als Stützpunktwehr bereits frühzeitig Funkmeldeempfänger.Gegenüber seiner früheren Struktur hatte sich Gerbrunn mittlerweile um ein Vielfaches vergrößert. Um die Sicherheit der Einwohner zu gewährleisten, kaufte die Gemeinde im Jahre 1971 ein weiteres Löschfahrzeug (LF 8). Sie erhielt das neuwertige Fahrzeug kostengünstig, da es, obgleich erst einige Tage alt, als Unfallfahrzeug angeboten wurde. Unter der Mitwirkung vieler Feuerwehrmänner wurde es instandgesetzt und hat der Gerbrunner Wehr über all die Jahre hinweg gute Dienste erwiesen.
Im Jahre 1980 erweiterte man die Gerätehalle durch einen Anbau. Ein Schlauchlager, eine Atemschutzwerkstatt und ein besser zugänglicher Platz für den Ölschadensanhänger waren entstanden. Gleichzeitig wurde der Unterrichtsraum ausgebaut und mit einer Teeküche sowie verbesserten sanitären Anlagen ausgestattet.
Das Bayerische Feuerwehrgesetz vom 23.12.1981 regelte das Feuerwehr-recht umfassend neu. Das Verhältnis der Gemeinde zu ihrer Freiwilligen Feuerwehr und die Rolle des Feuerwehrvereins wurden auf eine neue Grundlage gestellt. Diese rechtliche Abgrenzung führte u.a. dazu, dass die Freiwillige Feuerwehr als gemeindliche Einrichtung und der Feuerwehrverein gesonderte Satzungen erhielten.
Um bei Übungen und Einsätzen den Personen- und Materialtransport zu verbessern, beschloss die Vorstandschaft 1985 den Ankauf eines gebrauchten VW-Busses, der mit viel Zeitaufwand und Mühe instandgesetzt und zum Mehrzweckfahrzeug (MZF) umgerüstet wurde. Zur weiteren Verbesserung der Ausrüstung erwarb die Gemeinde im Jahre 1986 ein neues Tanklöschfahrzeug (TLF 16/25). Da im Feuerwehrgerätehaus kein Platz mehr vorhanden war, um es unterzustellen, wurde das LF 16 des Zivilen Bevölkerungsschutzes anderweitig stationiert.
Anlässlich des 120-jährigen Stiftungsfestes wurde im Jahre 1987 auch der Wunsch nach einer Vereinsfahne wieder laut. Die neue Fahne wurde 1990 im Rahmen 120-jährigen Stiftungsfestes geweiht. Bereits Ende der 80er Jahre zeichnete sich ab, dass das Feuerwehrgerätehaus durch die bereits vorhandenen Gerätschaften in Zukunft nicht mehr ausreichend Platz bieten wird. Obwohl die Zahl der Einsätze in den folgenden Jahren nur unwesentlich zunahm, erforderten jedoch Art und Umfang der Einsätze eine weitere Verbesserung der technischen Ausrüstung.
Eine Anpassung an den technischen Fortschritt ist nötig und das bestehende Feuerwehrgerätehaus entspricht aufgrund der heutigen Anforderungen an den Arbeitsplatzschutz und die Unfallverhütung nicht mehr dem Stand der Technik. Dies macht den Bau eines neuen Gerätehauses unumgänglich. Die Feuerwehrführung ging in diesem Zusammenhang schon früh auf die Gemeinde zu und erläuterte immer wieder die Gründe für die Forderung nach einem Neubau. Nach zahlreichen Gesprächen sowie einigen Ortsterminen konnte die Gemeinde von der Notwendigkeit eines Neubaues überzeugt werden.
Nachdem zunächst mehrere Grundstücke zur Auswahl standen, einigte man sich 1998 gemeinsam auf den Standort südlich der Sieboldstraße, zwischen der Universität und der angrenzenden Wohnbebauung am Ortsrand von Gerbrunn. Planungsbeginn war Anfang 1999. Die Baugenehmigung wurde vom Landratsamt Würzburg am 23.10.2000 erteilt. Am 26.04.2002 fand die Grundsteinlegung durch den Bürgermeister Hans Lorke statt. Dank der guten Vorbereitung und Koordination konnte das Bauwerk im Frühjahr 2003 fertiggestellt werden. Die offizielle Übergabe erfolgte am 06.07.2003. Neben dem neuen Gerätehaus war es auch notwendige, das alte LF 8 sowie das Mehrzweckfahrzeug zu erneuern.
Die Gemeinde Gerbrunn kam diesem Erfordernis nach, indem sie 1998 ein neues Löschgruppenfahrzeug (LF 8/6) beschaffte. Das alte Löschfahrzeug wurde nach dem einstimmigen Beschluss des Gemeinderates der Feuerwehr der polnischen Partnergemeinde Lesnice zur weiteren Verwendung überlassen. Bereits im Jahr darauf konnte ein neuer Mercedes „Sprinter“ in Dienst gestellt werden, der den mittlerweile 20 Jahre alten VW-Bus als Mehrzweckfahrzeug ablöste.
Nachdem sich an dem über 20 Jahre alten TLF 16/25 die Reparaturen häuften und die Ausrüstung dem schnellen technischen Fortschritt nicht mehr Stand hielt wurden Gespräche mit der Gemeinde bezüglich eines Ersatzes aufgenommen. Nach einer Finanzierung über zwei Haushaltsjahre konnte Bürgermeister Stefan Wolfshörndl im Frühjahr 2009 ein neues Hilfeleistungs-Löschgruppenfahrzeug HLF 20/24 in Dienst stellen.
Zu Beginn 21. Jahrhunderts steht die Freiwillige Feuerwehr Gerbrunn dank ihrer guten Ausrüstung, aber auch aufgrund der Motivation und des Engagements eines jeden einzelnen Feuerwehrmannes, als Garant für die Sicherheit und das Wohl unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger.
In Anbetracht der guten Zusammenarbeit ist den Gemeinderäten und der Gemeindeverwaltung Gerbrunn gerade in einer Zeit immer knapper werdender finanzieller Ressourcen ein großes Lob auszusprechen. Sie zeigten stets Interesse für unsere Belange und Verständnis für die Notwendigkeit des technischen Fortschritts.
Besonders erfreulich ist, dass sich immer wieder junge Menschen bereit erklären, einen Großteil ihrer Freizeit für die mit der Feuerwehr verbundenen Aufgaben zu opfern. Stand noch am Anfang überwiegend die Brandbekämpfung im Vordergrund, so erfordert die heutige Zeit vor allem im technischen Bereich gut ausgebildete Feuerwehrmänner, die bei Tag und Nacht bereit sind, ihren Dienst für die Gemeinschaft zu leisten.
Die Bereitschaft sich den Aufgaben des Feuerwehrdienstes ehrenamtlich und uneigennützig zu stellen, aber auch der Mut Verantwortung zu übernehmen ist gerade in unserer Gesellschaft, in der die möglichst freie persönliche Entfaltung und die Bedürfnisse eines jeden Einzelnen an erster Stelle stehen, ein wichtiger und nicht zu unterschätzender volkswirtschaftlicher Aspekt. Wünschen wir uns, dass auch in Zukunft ausreichend Menschen bereit sind, sich bei der Feuerwehr zu engagieren und somit der Gesellschaft einen unentbehrlichen Dienst erweisen.
140 Jahre Freiwillige Feuerwehr Gerbrunn, ein langer Weg, der über schwere aber auch gute Zeiten hinweg führte. Wir danken den Mitgliedern, die in einer schwierigen Zeit voller Idealismus den Anfang wagten und den zahlreichen Mitgliedern, die über Jahrzehnte hinweg für die Sicherheit unserer Gemeinschaft bereit standen.